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Was tun bei Thrombosen und Embolien?

Nicht nur Herzklappen-Patienten sind auf eine langfristige Blutverdünnung (Antikoagulation) mit Vitamin-K-Antagonisten (z.B. Marcumar®, Falithrom®, Coumadin®)  oder anderen Mitteln angewiesen, sondern in zunehmenden Maße auch Patienten, die wiederholt Thrombosen (meist der Beine) und/oder Lungenembolien entwickelt haben.

Was ist eine Thrombose?

Eine Thrombose ist ein Verschluss eines venösen Gefäßes. Die Venen bringen das sauerstoffarme Blut aus dem Körper zum Herzen zurück. Alle Venen der unteren Körperhälfte sammeln sich im Übergang Bauchraum/Brustraum in der unteren Hohlvene, die Venen der oberen Körperhälfte sammeln sich in der oberen Hohlvene. Beide Hohlvenen münden im rechten Herzvorhof. Von dort wird das Blut in die rechte Herzkammer gepumpt, von dort wiederum über die Lungenarterie in die Lunge. Dort wird das Blut mit Sauerstoff angereichert und über die Lungenvenen in das linke Herz (Vorhof und Kammer) zurückgepumpt, von dort wiederum über die Aorta in den Körper zur Sauerstoffversorgung (Abb. 1).

Verschließt sich eine Beinvene, kommt  es  daher zu einer Stauungssymptomatik. Das Blut wird weiter über die Arterie ins Bein gepumpt, kann aber über die Venen nicht mehr abfließen (Abb. 2).

Typische Symptomatik der tiefen Beinvenenthrombose :

  • Unterschenkel- oder Beinschwellung;
  • Schmerzen, vor allem. bei Belastung;
  • manchmal rötlich blaue Verfärbung;
  • Spannung der Haut, sog. „Glanzhaut“;
  • Wadendruckschmerz;
  • Fußsohlendruckschmerz.

 

Nicht alle Symptome müssen vorhanden sein, viele Thrombosen verlaufen auch mit nur leichten Beschwerden und werden daher oft leider sowohl vom Patienten als auch vom ggf. behandelnden Arzt verkannt.

Thrombosen können aber prinzipiell in allen Venen auftreten,  so z. B. im Darm (Mesenterialvenenthrombose), Gehirn (Sinusvenenthrombose), Arm etc.. Die häufigste Lokalisation ist aber das Bein bzw. das Becken, da hier der Flüssigkeitsdruck des Blutes am höchsten ist.  

Was ist eine Embolie?

Der Thrombus (Gerinnselpropf), der die Beinvene verschließt, kann sich lösen und über das Venensystem in die untere Hohlvene gelangen, von dort über das rechte Herz in die Lunge. Im Lungensystem wird der Gefäßquerschnitt wieder kleiner, so dass der Thrombus in einem Lungenarteriengefäß stecken bleibt. Hier verlegt er die Blutbahn und führt so zu einem fehlenden Sauerstoffaustausch im von der betroffenen Lungenarterie versorgten Gebiet (Abb. 3).

Außerdem kann sich das Blut in das rechte Herz zurück stauen und so zu einem druckbedingten Herzversagen führen (sog. akutes cor pulmonale).

Eine Lungenembolie ist daher potentiell lebensbedrohlich und sollte unbedingt verhindert werden.

Falls eine Lungenembolie auftritt, wird nach der verursachenden Thrombose gesucht, die in der Regel in den Beinen oder in den Beckenvenen zu finden ist. Ein Thrombus kann nicht in der Lunge entstanden sein.

Symptome einer Lungenembolie:

  • Luftnot;
  • atemabhängige Brustschmerzen;
  • Bluthusten;
  • Bewusstlosigkeit und Kollaps.

Auch für die Lungenembolie gilt, dass nicht alle Symptome gleichzeitig auftreten müssen bzw. das die Symptomatik sehr mild sein kann und daher oft diagnostische Schwierigkeiten bereitet.

Wie häufig sind Thrombosen/Lungenembolien?

Die Häufigkeit der Thrombosen ist altersabhängig. Im Kindesalter spielen sie nur eine Rolle bei schwer kranken Kindern z. B. bei Herzoperationen mit Kathetern.

Ab der Pubertät steigt die Häufigkeit dann steil an.

In der Allgemeinbevölkerung liegt die Inzidenz der Thrombose bei ca. 1- 3/1000 Einwohner, allerdings deutlich ansteigend ab dem ca. 50. Lebensjahr. Deutlich höher sind die Thromboseraten in bestimmten Risikosituationen (siehe Tabelle).

Pro Jahr versterben in Deutschland etwa 30.000 Menschen an einer Lungenembolie.

Risikofaktoren für Thrombosen/Lungenembolien

Zur Entstehung einer Thrombose führen in der Regel verschiedene Faktoren:

  • Stillstand des Blutes (Stase).

Daher sind Thrombosen besonders häufig nach:

  • Operationen;
  • bei längerer Bettlägerigkeit;
  • nach Abknicken der Venen z.B. durch beengtes Sitzen im Auto oder Flugzeug;
  • in der Schwangerschaft  durch Belastung der Venen durch die Gebärmutter.

Durch die Stase kommt es zu einer Veränderung der Blutzusammensetzung, nämlich zu einer Aktvierung der Blutgerinnung. Die Neigung, Blutpröpfe zu bilden steigt hierdurch erheblich.

Häufig liegt zusätzlich eine Schädigung der Gefäßwand vor, z. B. durch Druck, Verletzung, aber auch durch Bakteriengifte oder Stoffe, die aus bösartigen Tumoren freigesetzt werden.

Häufig braucht es zum Auftreten einer Thrombose bzw. einer Lungenembolie mehrerer Risikofaktoren. So z. B. kann eine angeborene Thromboseneigung völlig unbemerkt bleiben bis eine Patientin anfängt, Östrogene einzunehmen und dann ggf. noch operiert wird. Erst dann kommt es zur Ausbildung einer Thrombose.

Spontane Thrombosen aus dem normalen Alltagsleben heraus sind insgesamt glücklicherweise eher selten. 

Wie wird eine Thrombose oder eine Embolie erkannt?

Die Thrombose

Es gibt mehrere diagnostische Möglichkeiten. Zuerst wird bei entsprechenden Beschwerden die Symptomatik überprüft, ggf. auch die Risikosituationen und damit die Wahrscheinlichkeit einer Thrombose abgeschätzt.

Wenn ein dringender Thromboseverdacht besteht, wird in der Regel als erstes eine Blutuntersuchung durchgeführt, ein sog. D-Dimere-Test. Falls dieser auffällig ist, wird dann meist eine Ultraschalluntersuchung der Gefäße veranlasst (sog. Doppler). Hiermit wird der Blutfluss dargestellt. Moderne Geräte und erfahrende Untersucher können hiermit schon eine definitive Aussage treffen.

Gelegentlich wird eine zusätzliche Röntgenuntersuchung notwendig (sog. Phlebographie). Hier wird Kontrastmittel in eine Fußvene gegeben und der Rückfluss über Röntgenbilder dargestellt.

Lungenembolie:

Hier wird versucht, über bestimmte bildgebende Verfahren entweder die Durchblutung der Lunge oder die Belüftung darzustellen.

Bei einer Thrombose/Embolie sind die D-Dimere wie bereits oben erwähnt in der Regel deutlich erhöht. Allerdings beweist ein hoher D-Dimere-Wert die Thrombose nicht, ein unauffälliger Wert kann sie aber ausschließen.

Warum wird behandelt?

Die Sofortbehandlung (Akuttherapie)

Wichtigstes Ziel der Akut-Therapie ist die Verhinderung einer Lungenembolie, so diese noch nicht aufgetreten ist sowie eine Verhinderung von Thrombuswachstum.
Dies erreicht man mit einer möglichst schnellen Blutverdünnung. In der Regel bekommt der Patient  daher sofort nach Diagnose einer Thrombose/Embolie Heparin in die Vene oder unter die Haut gespritzt.
Der Vorteil des Heparins ist die schnelle Wirksamkeit. Je schneller die Blutverdünnung wirkt, um so unwahrscheinlicher sind Komplikationen.
Zusätzlich wird bei Beinvenenthrombosen noch eine sog. Kompressionstherapie mit engen Strümpfen  oder Bandagen durchgeführt. Dies fördert den Blutrückfluss und lindert die Stauungs-Beschwerden des Patienten.

Die Langzeitbehandlung

Im Verlauf der Behandlung wird dann üblicherweise auf eine längerfristige Blutgerinnungshemmung in Form von Tabletten (Vitamin-K-Antagonisten: Marcumar® , Falithrom®, Coumadin® oder mit einem geeigneten neuen oralen Antikoagulanz) umgestellt. Diese längere Hemmung der Blutgerinnung ist sehr  wichtig, da gerade innerhalb der ersten 3 Monate nach Thrombose erneut Thrombosen entstehen können (sog. Rezidive).

Auch die Kompressionstherapie des Beines sollte lange fortgesetzt werden, optimalerweise je nach Thromboseausprägung ein bis zwei Jahre nach Ereignis. Dies ist wichtig, da die Kompressionstherapie eine häufige Spätkomplikation der Thrombose, das sog. postthrombotische Syndrom, vermeiden hilft. Beim postthrombotischen Syndrom kommt es zu Hautveränderungen mit Pigmentierungen und Verdünnung der Haut (sog. Pergamenthaut) v.a. im Knöchelbereich. Es können dann schwer heilende Wunden entstehen, im Volksmund „offene Beine“. Die Kompressionstherapie ist hier vorbeugend sehr wirksam und daher wichtig.

Die Dauer der Antikoagulation (Blutverdünnung) ist abhängig:

  • von der Lokalisation der Thrombose;
  • von der Vorgeschichte des Patienten (Risikoprofil);
  • auch von einer möglicherweise zugrunde liegenden Thromboseneigung (Thrombophilie).

Eine langfristige bzw. lebenslange Therapie

mit Vitamin-K-Antagonisten (Marcumar® , Falithrom®, Coumadin®) oder den sog. „Neuen- oder Direkten Oralen Antikoagulantien“ (NOAK, DOAK) ist in der Regel nötig bei:

  • schweren angeborenen Gerinnungsstörungen, (nicht jede Thrombophilie macht eine lebenslange Therapie notwendig!):
  • bei Zustand nach wiederholten Thrombosen bzw. Thromboembolien, insbesondere falls diese spontan ohne äußere Ursache auftraten, gelegentlich nach besonders schwerer lebensbedrohlicher Erkrankung z.B. Sinusvenenthrombose, Mesenterialthrombose u.v.m.;  
  • bei zusätzlichen Risikofaktoren, z. B. Herzrhythmusstörungen (Vorhofflimmern), Öffnungen der Herzscheidewand (offenes Foramen ovale) u.v.m.;
  • bei den Patienten, die langfristig eine Gerinnungshemmung benötigen, ist dann auch die Verordnung eines Gerinnungsmonitor zur INR-Selbstbestimmung möglich und sollte im Einzelfall mit der Krankenkasse abgesprochen werden.
  • Angestrebter INR-Bereich für eine Langzeitgerinnungshemmung bei Thrombosegefahr: INR 2,0 – 3,0.

Dr. med. Hannelore Rott, Fachärztin für Transfusionsmedizin, Gerinnungszentrum Rhein-Ruhr, Königstr. 13, D-47051 Duisburg