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Warum unterscheidet sich die Dosis von Vitamin-K-Antagonisten von Patient zu Patient?

Sicherlich haben Sie sich auch schon mal gefragt, was es mit den permanenten INR-Messungen auf sich hat und warum verschiedene Patienten so unterschiedliche Dosierungen von Vitamin-K-Antagonisten (VKA) wie Phenprocoumon und Warfarin benötigen?

Die Halbwertszeit von Phenprocoumon beträgt etwa 5 Tage.
Die benötigten Dosierungen pro Tag können tatsächlich um den Faktor 10 voneinander abweichen, also ca. von 0,75 mg - 9 mg Phenprocoumon/Tag.
Etwa die Hälfte der benötigten Dosis wird von unseren Genen bestimmt. So hat man herausfinden können, das v.a. die Gene für 2 Enzyme für die Dosis bestimmend sind, und zwar:

  • VKORC1-Gen (Vitamin-K-Epoxid-Reduktase 1-Gen)
  • CYP2C9-Gen aus dem Cytochrom P450-System

Es sind weitere Gene involviert, die aber eine deutlich geringere Bedeutung haben.

Genetische Untersuchung vor Beginn der VKA-Therapie?

Variationen in den genannten Genen führen zum Bedarf höherer bzw. niedrigerer Dosierungen.

Es wurden daher Studien durchgeführt, die getestet haben, ob eine genetische Untersuchung vor dem Beginn einer Therapie mit VKA zu einer geringeren Rate von Blutungskomplikationen insbesondere in der Einstellungsphase führen. Leider waren die Ergebnisse eher enttäuschend, so dass aktuell keine routinemäßige Untersuchung dieser genetischen Faktoren vor Beginn einer VKA-Therapie empfohlen wird.

Nicht immer sind die Gene entscheidend

Jedoch sind nicht nur die Gene entscheidend für die benötigte Dosis. Mindestens genauso wichtig sind verschiedene weitere Einflussfaktoren, v.a.:

  • Größe (je größer desto höher die benötigte Dosis)
  • Alter (je älter desto geringer die benötigte Dosis)
  • Geschlecht (Frauen brauchen tendenziell eine geringere Dosis als Männer)
  • Leber- und Nierenfunktion (je schlechter die Funktion, desto geringer die benötigte Dosis)

Achtung bei neu einzunehmenden Medikamenten

Eine große Rolle spielen auch zusätzlich benötigte Medikamente. Eine komplette Auflistung ist eher nicht möglich. Da viele Patienten zahlreiche Medikamente einnehmen, ist es ausgesprochen schwierig, hier eine genaue Vorhersage zu treffen. Ggf. muss, falls ein neues Medikament hinzukommt oder ein Medikament abgesetzt wird, die VKA-Dosis neu angepasst werden.

Zu den möglichen Wechselwirkungen bei üblichen Medikamenten siehe Tabelle.

Wenn Alkohol, dann in Maßen

Eine komplexe Interaktion ergibt sich mit Alkohol. Akute Aufnahme hoher Alkoholmengen verstärkt die VKA-Wirkung, d.h. der INR steigt und die Dosis muss ggf. reduziert werden.

Chronischer Alkoholmissbrauch führt eher zu einer Abschwächung der Phenprocoumon-Wirkung. Bei Leberschaden durch Alkohol wiederum sinkt benötigte die VKA-Dosis.

Jede Krankheit bringt die INR durcheinander

Fieber kann die benötigte VKA-Dosis senken, das Blutungsrisiko steigt an. Demgegenüber können Durchfall und Erbrechen durch verringerte Medikamentenaufnahme zu einer Wirkungsabschwächung des VKA führen.

Dr. med. Hannelore Rott, Fachärztin für Transfusionsmedizin; Gerinnungszentrum Rhein - Ruhr, Königstr. 13, D-4751 Duisburg