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Was tun, wenn´s blutet und bei Verletzungen?

Jeder Patient, der blutgerinnungshemmende Medikamente einnimmt, kennt dieses Problem: Es kommt im Rahmen der Haus- oder Gartenarbeit zu einer Verletzung, man stößt sich vielleicht den Kopf böse an oder knickt sich den Fuß um. Natürlich ist es Wochenende und der betreuende Arzt/Ärztin nicht erreichbar. Was ist zu tun, was ist zu beachten, wann soll ich ärztlichen Beistand konsultieren? Ich möchte versuchen, Ihnen im Folgenden einige Hilfestellungen mit auf den Weg zu geben.

Schnittverletzungen, blutende Wunden

Zu Schnittverletzungen und blutenden Wunden kommt es typischerweise an den Armen und Beinen, seltener kommen auch einmal Kopfplatzwunden vor.

Was ist zu tun?

  • Hier sollte am besten ein Verband mit viel Druck angelegt werden, z. B. mit Hilfe einer Kompresse oder auch eines sauberen Küchenhandtuches und einer Mullbinde. Bitte nicht so stark abbinden, dass die Durchblutung gefährdet ist.
  • Zudem sollte die Gliedmaße höher als das Herz gelagert werden, ggf. kann man sich auch helfen lassen (z.B. beim Armhochhalten).
  • Falls greifbar, ist eine Kühlung des Wundbereiches hilfreich, da sich hierdurch die Gefäße zusammenziehen und die Blutung nachlässt. Man kann z.B. ein handelsübliches „coolpack“ nehmen, aber auch ein Kühlakku aus der Kühltasche oder auch eine kalte Getränkedose erfüllen ihren Zweck. Nur Vorsicht: bitte ein gefrorenes Kühlpäckchen nicht direkt lange auf der Haut lassen, sondern immer z.B. ein Handtuch dazwischen legen, sonst drohen Kälteschäden.
  • Klaffende Wunden sollten immer in einer chirurgischen Ambulanz in einer Klinik vorgestellt werden, ggf. muss genäht werden, nehmen Sie daher immer Ihren Marcumar-Ausweis mit in die Klinik, ggf. auch Ihren Impfausweis, falls griffbereit (Tetanusschutz!).
  • Im Falle einer blutenden Kopfverletzung bitte immer in der Klinik vorstellen, ggf. kann eine Untersuchung des Gehirns mit CT oder MRT notwendig werden.

Arm oder Bein verstaucht, verdreht etc.:

  • Bitte möglichst schnell die Gliedmaße hochlegen und kühlen (s.o), lassen  Sie sich ggf. dabei helfen.
  • Falls die Verletzung so schlimm ist, dass Sie nicht auftreten können oder z.B. Hand oder Arm/Schulter nicht bewegen können, suchen Sie bitte eine Klinik auf.

Blut im Urin, im Stuhl, Bluterbrechen:

  • Dies ist immer als Alarmzeichen zu werten. Diese Blutungen weisen immer auf eine Schleimhautentzündung, auf Polypen oder manchmal auch auf eine bösartige Erkrankung hin. Zudem sind Blutverluste aus dem Magen-Darm-Bereich mengenmäßig schwer abschätzbar und können daher auch bedrohlich werden. Daher sollte hier immer zeitnah ein Arzt aufgesucht werden, um eine genaue Untersuchung einzuleiten, insbesondere, wenn Schwäche und Schwindel bzw. Luftnot hinzukommen.
  • Frische Blutauflagerungen auf dem Stuhl können durch Hämorrhoiden verursacht sein, aber auch hier ist eine Untersuchung zum Ausschluss schwerer Erkrankungen notwendig.

Nasenbluten:

Nasenbluten hat seine Ursache immer lokal in der Nase, die Gerinnung spielt hierfür nur eine sehr untergeordnete Rolle.

  • Mit anderen Worten: Ein Defekt der Gefäße in der Nase blutet natürlich eher und länger, wenn der Patient gerinnungshemmende Mittel einnimmt.
  • Bei häufigem Nasenbluten sollt als erstes die INR-Einstellung überprüft werden.

Was ist zu tun, wenn die INR-Einstellung in Ordnung ist?

  • Falls man zu Nasenbluten neigt, sollte eine Vorstellung beim HNO-Arzt erfolgen, oft stellt eine Verödung von oberflächlichen Gefäßen (sog. Plexus Kiesselbachi) das Problem bereits ab.
  • Die Nasenschleimhaut sollte feucht gehalten werden, dies funktioniert z.B. über die mind. 2 x tgl. Anwendung von Bepanthen® Nasensalbe oder auch Coldastop® Nasenöl.
  • Nasenspray mit Oxymetazolin (verengt die Gefäße) verwenden, z.B. Nasic®.
  • Ggf. Anwendung von Styphnasal N Stiften.
  • Bei akuter Blutung bitte z.B. Stücke von Papiertaschentüchern klein rollen, ein Tampon geht auch, und Nasenflügel mindestens 5 Minuten fest zusammen drücken. Die Tamponade erst entfernen, wenn diese von selbst herausfällt.
  • Falls häufiger Nasenbluten besteht, kann man sich Cyklokapron-Ampullen verschreiben lassen, diese Flüssigkeit dann auf die Tamponade tropfen und Nasenflügel fest zusammendrücken (s.o.).
  • Das Cyklokapron® selbst kann auch in eine Nasensprayflasche gefüllt und so zur Blutstillung verwendet werden

Zahnfleischbluten:

Falls verstärktes Zahnfleischbluten beobachtet wird, ist auch hier die auslösende Ursache nicht das gerinnungshemmende Medikament, sondern vielmehr Zahnbeläge und Paradontose.  Es sollte daher 2 - 3 x jährlich eine professionelle Zahnreinigung vorgenommen werden, in der Regel ist damit das Problem bereits erledigt.

In schweren Fällen kann bei Zahnfleischbluten eine Spülung mit Cyklokapron-Lösung vorgenommen werden.

Starke oder dauerhafte Monatsblutung:

Die Monatsblutung ist bei vielen (ca. 30 %) von Patientinnen, die Blutgerinnungshemmer einnehmen, verstärkt. Folgende Möglichkeiten stehen therapeutisch zur Verfügung:

  • Einlegen einer Gelbkörperhormon-haltigen Spirale (= Mirena®, Jaydess®), welche den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut verhindert und bei den meisten Anwenderinnen die Monatsblutung komplett abstellt oder im Falle der Spirale Jaydess® zumindest stark vermindert.
  • Einnahme einer Antibabypille mit guter Blutungskontrolle, z.B. Qlaira®. Dies ist auch bei Frauen möglich, die unter einer Antibabypille eine Thrombose/Embolie bekommen haben, da die gerinnungshemmende Therapie ausreichend schützt  bei regelmäßiger INR-Kontrolle.
  • Während der Monatsblutung kann das Medikament Cyklokapron® eingenommen werden zur Abschwächung der Blutung (3 x 2 Tbl. täglich).
  • Nach Abschluss der Familienplanung kann man die Gebärmutterschleimhaut mit einem kleinen Eingriff veröden lassen (sog. Endometriumablation) oder ggf. kann als allerletzte Möglichkeit auch die Gebärmutter ganz entfernt werden.
  • Auf den Eisen- und Vitamin-B12-Spiegel sollte bei menstruierenden Frauen regelmäßig geachtet und ggf. eine Substitution vorgenommen werden, da eine Anämie selbst wieder die Monatsblutung im Sinne eines Teufelskreises verstärkt.

Was Sie vermeiden sollten:

  • Ohne Rücksprache mit Ihrem Arzt Vitamin -K-Tropfen einnehmen!  Der INR-Wert fällt sehr schnell ab und es kann daher eine Überbrückung mit Heparinspritzen notwendig werden. Daher wird auch nicht mehr empfohlen, als Patient eine Vitamin-K-Ampulle mit sich zu führen.

Blaue Flecken

Bei Einnahme von Gerinnungshemmern treten nach dem Stoßen leichter blaue Flecken auf als gewöhnlich, abhängig auch vom INR-Wert. Beim blauen Fleck sollte ähnlich vorgegangen werden wie bereits unter „Schnittverletzungen“ beschrieben. Die betroffene Gliedmaße sollte, falls möglich, hochgelagert und gekühlt werden. Bei blauen Flecken ist Blut in das freie Gewebe übergetreten. Ein Abbau kann dann nur langsam über Fresszellen im Gewebe erfolgen und braucht Zeit, je nach  Größe des Hämatoms auch Wochen. Die charakteristische Farbänderung eines blauen Flecks (grün - gelb) hat mit der Umwandlung des roten Blutfarbstoffes im Gewebe zu einem Gallefarbstoff (Bilirubin) zu tun und ist ein Zeichen von Heilung.

Es gibt daher keine Salbe, die diesen Vorgang beschleunigen könnte. Abschwellend können aber kühlende Umschläge wirken mit z.B. Rivanol®, Arnika oder Retterspitz.

Falls das Hämatom sehr groß ist, z.B. ein großes Hämatom am Gesäß nach Sturz, kann eine chirurgische Entlastung des Hämatoms notwendig werden. Bei sehr großen Hämatomen ist bitte daher immer Vorstellung in einer chirurgischen Ambulanz anzuraten.

Verbrennungen

Eine Verbrennung wird nicht anders behandelt als bei Patienten ohne Einnahme von Gerinnungshemmern. Das wichtigste ist die sofortige Kühlung der Brandstelle, auf Salben sollte verzichtet werden. Je nach Größe der Verbrennung ist auch hier eine Vorstellung beim Arzt erforderlich, insbesondere wenn größere Brandblasen aufgetreten sind.

Dr. med. Hannelore Rott, Fachärztin für Transfusionsmedizin; Gerinnungszentrum Rhein-Ruhr, Königstr. 13, D-47051 Duisburg; E-Mail: hannelore.rott@gzrr.de