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Was bedeutet Niereninsuffizienz für antikoagulierte Patienten?

Im Rahmen operativer Eingriffe ist es bei Patienten unter Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten (VKA), z. B. Phenprocoumon, oft notwendig, die Therapie zu unterbrechen und zwischenzeitlich auf Heparin umzustellen. Heute werden hierzu in der Regel die sog. niedermolekularen Heparine (NMH) verwendet, die je nach Erkrankung des Patienten dann ein- bis zweimal täglich unter die Haut (subcutan) gespritzt werden bis zur OP. Vorteil des Heparins ist seine kürzere Wirkdauer (Halbwertszeit), so dass bis kurz vor die OP heran gespritzt und danach auch noch für einige Tage Heparin weitergegeben werden kann, bis der Patient wieder gut mit VKA eingestellt ist.

Die Nierenfunktion wird oft vergessen

Die Dosierung des Heparins sollte sich unter anderem nach der Erkrankung des Patienten richten sowie nach seinem Körpergewicht und, und dies wird oft vergessen, auch nach der Nierenfunktion! Die NMH werden nämlich im Wesentlichen über die Niere ausgeschieden. Wenn die Niere nicht mehr 100 %ig funktioniert, kommt es zu einer verstärkten und verlängerten Wirkung der NMH mit der möglichen Folge von Blutungskomplikationen bei der OP. Die Nierenfunktion nimmt mit zunehmendem Alter deutlich ab.

Die Nierenfunktion verschlechtert sich mit dem Alter

Man kann die Nierenfunktion über die sog. Kreatinin-Clearance bestimmen. Diese ist ein Maß für die Filterungsfähigkeit der Nieren. Mit zunehmendem Lebensalter sinkt die Nierenfunktion erheblich ab, bei den über 74-jährigen haben bereits über die Hälfte der Patienten eine eingeschränkte Nierenfunktion, bei über 84-jährigen ist quasi jeder Patient hiervon betroffen (Tabelle 1). Leider wird dieser Umstand bei der Dosisfindung für die überbrückende Heparin-Therapie bei OPs nicht ausreichend berücksichtigt, es wird eher zu hoch dosiert behandelt, da nur nach dem Körpergewicht geschaut wird, die Bestimmung der Kreatinin-Clearance aber in der Regel leider nicht erfolgt.

Jährlich die Nierenfunktion überprüfen

Bei Patienten unter VKA-Therapie sollte daher einmal jährlich die Nierenfunktion mit der Bestimmung der Kreatinin-Clearance erfolgen, auf jeden Fall aber immer vor operativen Eingriffen, wenn eine Umstellung auf Heparin geplant ist. Die Bestimmung des sog. Kreatinin-Wertes ist leider nicht ausreichend zur vernünftigen Einschätzung der Nierenfunktion, da der Wert erst bei sehr schlechter Nierenfunktion erhöhte Werte anzeigt und somit einen Teil der Patienten mit schlechter Nierenfunktion nicht erkennen kann. Die Kreatinin-Clearence wird entweder rechnerisch anhand von Kreatinin-Wert, Geschlecht und Körpergewicht bestimmt, alternativ kann der Laborwert Cystatin C gemessen werden. Falls eine eingeschränkte Nierenfunktion vorliegt, muss die NMH Dosis entsprechend gesenkt werden oder es muss auf ein NMH zurückgegriffen werden, welches sich bei schlechter Nierenfunktion nicht im Körper ansammelt. Wichtig ist es, dass auch bei neu einzunehmenden Medikamenten, die über die Niere ausgeschieden werden, die Nierenfunktion überprüft werden sollte. Dieses geschieht mittels der Bestimmung des Kreatinin-Wertes, Geschlecht und Körpergewicht. (Der Normalwert des Kreatinins liegt bei 0,67 – 1.17 mg/dl.) Besteht eine schlechte Nierenfunktion aus Alters- oder anderen Gründen, so ist gegebenenfalls die Dosis zu reduzieren. Besprechen Sie dieses mit Ihrem Arzt.

Dr. med. Hannelore Rott, Fachärztin für Transfusionsmedizin; Gerinnungszentrum Rhein-Ruhr; Königstr. 13, D-47051 Duisburg; 
E-Mail:hannelore.rott@gzrr.de