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Sport nach herzchirurgischen Eingriff

Nach einem Herzklappenersatz, bzw. einer Herzklappenrekonstruktion stellt sich in der Anschlussrehabilitation schnell die Frage nach der Belastbarkeit des Brustkorbs und der damit verbundenen Beschwerden. Egal ob es sich um eine Voll-, eine Teilsternotomie oder um einen minimalinvasiven Eingriff im 4. Intercostalraum handelt, sind die Beschwerden in den ersten 2-3 Wochen ähnlich.

Beschwerden resultieren aus der Operationstechnik

Die Beschwerden finden sich in der Hals-Nackenmuskulatur; zwischen den Schulterblättern, an der Brustwirbelsäule und auf der Brustkorbvorderseite und entlang des Schlüsselbeins. Diese Beschwerden resultieren aus der Operationstechnik und dauern in der Regel bis zu 6 Wochen. Durch falsches Auf-der-Seite-Liegen, Husten oder ruckartigen Bewegungen im Rahmen der Aktivitäten des täglichen Lebens können Kräfte bis zu 40 kg auf den Brustkorb wirken. Daher ist in den ersten drei Wochen Vorsicht bei allen Bewegungen geboten.

Keine einheitlichen Behandlungsleitlinien

Die Wundheilung und die Regeneration der Sternumstabilität verlaufen aber recht unterschiedlich. Wir haben in unsrer Klinik aber auch Patienten, die bereits nach 14 Tagen beschwerdefrei zu uns in die Anschlussheilbehandlung kommen. Es existieren leider keine einheitlichen Behandlungsleitlinien, so dass jedes Operationszentrum und jede Rehabilitationsklinik unterschiedliche Empfehlungen in der Bewegungstherapie geben.
Wir haben in Zusammenarbeit mit dem Sportinstitut des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) eine Befragung an 5 herzchirurgischen Zentren und 50 Reha-Kliniken zwischen den Jahren 2012 – 2015 durchgeführt, um deren Erfahrungen zu analysieren und Empfehlungen zu formulieren.

Ergebnisse Herzzentren (Zusammenfassung):

Die Herzzentren bevorzugen zu 94% die Sternotomie und zu 6% die Minimalinvasive Technik.
Die Komplikationsrate (Sternuminstabilität) liegt bei 5 - 8% und ist zu 95% auf Begleiterkrankungen (COPD, Diabetes mellitus Typ2 und Adipositas BMI über 40) zurückzuführen. Bei ca. 2% lag eine inadäquate körperliche Belastung oder ein Unfall vor.

Empfehlungen:

  • Bis zu 3 Wochen auf dem Rücken schlafen;
  • tragen von Gewichten bis zu 5 Kg in den ersten drei Wochen;
  • wenig Überkopfarbeit;
  • keine einseitige Belastung der oberen Extremitäten.

Ergebnisse Rehakliniken (Zusammenfassung):

Alle 50 befragten Rehakliniken behandeln pro Jahr zusammen ca. 25.000 sternotomierte Patienten. Die meisten Patienten kommen durchschnittlich zwischen dem 8.-14. Tag postoperativ in die Reha. Alle Kliniken führen ein differenziertes Bewegungstherapieprogramm (Ergometertraining, Krafttraining an Sequenztrainingsgeräten und Seilzügen; Brustkorbmobilisation, Atemtraining, Gehtraining, Lauftraining und Terraintraining) für diese Patienten durch. 
Die Auswahl der Krafttrainingsgeräte wird jedoch sehr unterschiedlich gehandhabt. Der überwiegende Teil der Kliniken verzichtet auf Oberköpergeräte wie Butterfly, Lastzug oder Ruderzug), andere Kliniken wiederum verwenden alle Gerätetypen.
Die Empfehlungen der einzelne Rehakliniken fallen ebenfalls sehr unterschiedlich aus und sind sehr breit gefächert:

  • Heben und Tragen von Gewichten von  3 – 10 Kg ab der 3.Woche;
  • Überkopfarbeit ab der 2. – 8.Woche;
  • auf dem Rücken schlafen  3. – 12. Woche;
  • kein Autofahren von 6. – 12. Woche.

Es gibt bis jetzt jedoch keine Studien, welche Belastung tatsächlich bedenklich sein könnte. Alle Angaben sind eher Erfahrungsberichte und resultieren aus einer „übervorsichtigen Haltung“.
Ich selber arbeite jetzt seit 35 Jahren mit sternotomierten Patienten und benutze alle Geräte bis zur individuellen Schmerzgrenze. Ich bevorzuge viel Überkopfarbeit mit Kleinhanteln und Gummibändern. Bei den Sequenztrainingsgeräten verzichte ich auf den Butterfly.

Fazit

Sie werden auf sehr viele unterschiedliche Empfehlungen hinsichtlich der Belastung treffen, je nach Erfahrung der einzelnen Therapeuten und Ärzte. Je früher sie mit gezielter Mobilisation beginnen, desto früher erlangen sie die schmerzfreie Funktion für den Alltag. Über die Aufnahme eines Sportprogramms sollten sie sich mit einem erfahrenen Sporttherapeuten in Verbindung setzen.

Diplom-Sportlehrer Uwe Schwan (Sporttherapeut DVGS e.V.), Rehaklinik Heidelberg-Königstuhl